In meinem Beitrag “Google Ads: Conversion-Tracking” habe ich das Thema Attribution kurz angeschnitten, was auch ein wichtiger Teil bei der Conversion-Messung ist. In diesem Beitrag geht es um die Google Analytics-Attribution:
- Hintergrund: Customer Journey und Touch Points
- Attribution: Definition und Ziele
- Attribution mit und in Google Analytics
- Attributionsmodelle in Google Analytics
- Multi-Channel-Trichter
- Beta: Report “Attribution”
- Welche Attribution sollte ich wählen?
- Attribution in Google Analytics 4
Hintergrund: Customer Journey und Touch Points
Websites verfolgen meist ein Ziel. Ob es ein Kauf ist, ein Download oder die Registrierung zum Newsletter. Diese Ziele lassen sich als Conversions mit Webanalytics messen.
Bis aber Nutzer eine Conversion durchführen, kann der Weg bis dorthin lang sein. Vor allem wenn Nutzer bereit sind viel Geld auszugeben oder wenn es sich um ein komplexes Produkt handelt, werden selten Spontan-Käufe gemacht. Der gleiche Nutzer greift über verschiedene Kanäle und Geräte auf die Website zu, bis irgendwann eine Conversion stattfindet.
So erfährt der Nutzer z.B. erstmals über Social Media über ein Unternehmen und dessen Produkte und klickt dort auf den Link, um auf die Website zu kommen. 2 Tage später sucht der Nutzer nach diesem Unternehmen oder den Produkten bei einer Suchmaschine und kommt so auf die Website. Wieder ein paar Tage später kommt der Nutzer direkt auf die Website und kauft dann endlich.
Diese Reise, die ein Nutzer unternimmt, nennt man im Online Marketing auch “Customer Journey”. Innerhalb der Customer Journey spricht man wiederum von “Touch Points”. Diese stellen die verschiedenen Kontaktpunkte dar, über die ein Nutzer mit dem Unternehmen interagiert hat. In unserem Fall wären die Kanäle Social Media, SEO und Direct die Touch Points. Die Customer Journey wäre in unserem Beispiel also wie folgt:
Attribution: Definition und Ziele
Bei der Attribution geht es nun darum, welche Touch Points die Conversion zugeschrieben bekommen. Dabei kann ein Kanal den kompletten Conversion-Wert für sich beanspruchen oder der Conversion-Wert wird auf mehrere Touch Points verteilt. Das regelt das Attributionsmodell (dazu später mehr).
Ziel der Attribution ist es also herauszufinden, welche Berührungspunkte die Conversion am meisten beeinflussen. Diese Information soll dann in die Budget-Steuerung der einzelnen Kanäle fließen.
Attribution mit und in Google Analytics
Da sich Online Marketing nicht nur auf einen Kanal beschränkt und die meisten Unternehmen kanalübergreifend tätig sind, kommen auch verschiedene Tools zur Conversion-Messung zum Einsatz. Werden Suchanzeigen geschaltet, so ist auch meist das Google Ads-Tracking aktiv. Bei Facebook-Anzeigen läuft ebenfalls die Facebook-Conversion-Messung mit.
Innerhalb einzelner Tools erfolgt die Conversion-Messung meist auch aus der isolierten Sicht der jeweiligen Tools. Wie im Artikel “Google Ads: Conversion-Tracking” beschrieben, beansprucht Google Ads für sich die komplette Conversion, sobald Google Ads Teil der Customer Journey war. Unabhängig davon, ob Google Ads am Anfang, am Ende oder irgendwo in der Mitte beteiligt war. Ähnlich funktioniert auch das Facebook-Tracking. Die Attribution ist hier also stark selbstbezogen.
Mit Google Analytics hat man jedoch den Vorteil, dass man eine kanalübergreifende Sichtweise bekommt. So macht dann auch eine Auswertung der Customer Journey Sinn. Auch die einzelnen Kanäle lassen sich dadurch besser gegenüberstellen.
Wie Google Analytics “attribuiert” hängt davon ab, in welchen Reports man sich aufhält. Hier kommt die wichtigste Information, wenn man Conversions mit Google Analytics auswertet:
- Standardmäßig kommt die Last-Non-Direct-Click-Attribution zum Einsatz. Heißt: Die Conversion wird der letzten Nicht-Direct-Quelle zugewiesen.
- Im Multi Channel Trichter wird standardmäßig Last-Click angewendet.
- Im Modellvergleichstool können verschiedene Attributionsmodelle gewählt werden.
Attributionsmodelle in Google Analytics
Grob unterscheidet Google Analytics dabei in Standardmodelle und benutzerdefinierte Modelle. Bei den Standardmodellen unterscheidet man weiter in ein- und mehrdimensional. Das heißt, dass es in Google Analytics grob 3 Arten von Attributionsmodellen gibt:
- Eindimensionale Attributionsmodelle: Bei diesen Modellen wird immer nur einem Punkt die Conversion zugerechnet.
- Mehrdimensionale Attributionsmodelle: Hier bekommt jeder Punkt innerhalb des Conversion-Pfads einen bestimmten Anteil der Conversion zugerechnet.
- Benutzerdefinierte Attributionsmodelle: Weiters können auch eigene Attributionsmodelle erstellt werden.
Zu den eindimensionalen Modellen gehören:
- Letzte Interaktion: Hier bekommt der letzte Kanal bzw. die letzte Interaktion die komplette Conversion.
- Letzter indirekter Klick: Hier bekommt der letzte Kanal, der kein Direct-Traffic war, die Conversion. Dieses Modell wird in den Conversion-Berichten angewendet.
- Letzter Google-Ads-Klick: Hier wird die Conversion dem letzten Google-Ads-Klick zugeordnet.
- Erste Interaktion: Bei diesem Modell bekommt die erste Interaktion die Conversion.
Zu den mehrdimensionalen gehören:
- Linear: Beim linearen Modell teilen sich alle Touch Points die Conversion.
- Zeitverlauf: Bei diesem Modell bekommt der Kanal, der zeitlich am nächsten an der Conversion liegt, den größten Anteil. Der Kanal, der zeitlich am weitesten von der Conversion entfernt liegt, bekommt den geringsten Anteil.
- Positionsbasiert: Hier bekommen die erste und letzte Interaktion je 40 %. Die restlichen 20 % werden auch die anderen Interaktion gleichmäßig verteilt.
In Google Analytics gibt es aber auch die Möglichkeit eigene Attributionsmodelle anzulegen. Diese kann man innerhalb des Modellvergleichstools definieren. Im Dropdown der verschiedenen Standardmodelle gibt es ganz unten einen Link, wo man ein benutzerdefiniertes Modell anlegen kann:
Im Anschluss öffnet sich ein Fenster, wo man verschiedene Einstellungen vornehmen kann:
Zu beachten ist, dass sich je nach Wahl des Basismodells die Einstellungen unterscheiden können. Bei einigen kann mehr, bei einigen weniger definiert werden.
Multi-Channel-Trichter
Der Multi-Channel-Trichter ist ein wichtiges Tool, wenn es um Attribution geht. Unter “Multi-Channel-Trichter” verstecken sich verschiedene Reports:
- Übersicht
- Vorbereitete Conversion
- Top-Conversion-Pfade
- Zeitintervall
- Pfladlänge
- Modellvergleichstool
In der Übersicht findet man eine Zusammenfassung der darunterliegenden Reports. Schauen wir uns die anderen Reports anhand eines Beispiels an. Gehen wir von folgender Customer Journey aus:
Kanal | Datum | Conversion | Beschreibung |
---|---|---|---|
SEO | 01. Juli | Dies ist die erste Interaktion und gilt gleichzeitig als vorbereitete Conversion | |
Social | 02. Juli | Vorbereitete Conversion | |
Google Ads | 03. Juli | Vorbereitete Conversion | |
Direct | 06. Juli | X | Dies ist die letzte Interaktion, da hier die Conversion stattfindet |
Die oben genannten Reports aus dem Bereich “Multi-Channel-Trichter” würden nun folgende Informationen liefern:
- Vorbereitete Conversion: Hier werden alle Kanäle, die vorbereitend zu einer Conversion beigetragen haben, angezeigt. Hier wären SEO, Social, Google Ads und (!) auch Direct aufgelistet. Neben den tatsächlich vorbereiteten Kanälen wird auch der Kanal angezeigt, über dem die Conversion zustande kam. In diesem Report sind 3 Spalten besonders wichtig. “Vorbereitete Conversions” gibt an, wie oft der Kanal nur vorbereitend an einer Conversion beteiligt war. Die Spalte “Conversions nach dem letzten Klick oder direkte Conversions” sagt aus, wie oft der Kanal der letzte Touch Point war. Die Spalte “Vorbereitende Conversions, Conversions nach dem letzten Klick oder direkte Conversions” ist eine Berechnung, ob der jeweilige Kanal eher vorbereitend oder abschließend an der Conversion beteilgt ist. Wenn der Wert nah an der 0 ist, dann ist der Kanal eher abschließend tätig. Größer als 1 bedeutet, dass der Kanal eher vorbereitend ist. Ist der Wert nahe der 1, dann ist der Kanal gleichmäßig vorbereitend und abschließend beteiligt.
- Top-Conversion-Pfade: Hier wird der Conversion-Pfad von oben angezeigt.
- Zeitintervall: Hier beträgt das Zeitintervall 6, da der Nutzer 6 Tage gebraucht hat, bis die Conversion nach dem ersten Touch Point durchgeführt wurde.
- Pfladlänge: Im Beispiel haben wir eine Pfadlänge von 4, da hier 4 Touchpoints bis zur Conversion erfolgt sind.
- Modellvergleichstool: Mit diesem Tool lässt sich analysieren, über welche Kanäle es zu einer Conversion kam. Auch lassen sich damit die verschiedenen Attributionsmodelle gegenüberstellen, um die Unterschiede zu vergleichen.
Beta: Report “Attribution”
Ende 2019 kam in Google Analytics ein neuer Report mit den Namen “Attribution” hinzu. Aktuell ist der Report noch in der Beta-Phase. Google möchte mit diesem Tool Attribution und den Multi-Channel-Trichter weiter optimieren.
Um das Tool zu nutzen müssen einige Bedingungen erfüllt werden:
- Es muss zuerst ein Attributionsprojekt angelegt werden.
- Bei Nutzung von Google Ads muss es eine Verknüpfung mit Google Analytics geben
- Eine Datenansicht, die keine User-ID-Datenansicht ist, die nicht mittels Filter URL-Parameter ausschließt und die keine Sammel-Property ist.
- Konfigurierte Zielvorhaben oder E-Commerce-Tracking (Standard und Enhanced möglich).
- In kostenpflichtigen Kanälen (Google Ads z.B.) müssen die URL-Parameter einheitlich mittels der automatischen Tag-Kennzeichnung (bei Google Ads) und UTM-Paramter (ohne Google Ads) eingerichtet werden.
Nachdem man das eingerichtet hat, kann ein paar Tage dauern bis Daten da sind. Anschließend stehen folgende Reports zur Verfügung:
- Conversion-Pfade: Dieser Report zeigt die verschiedenen Kanäle auf, die von Nutzern genutzt wurden, bis eine Conversion durchgeführt worden ist.
- Conversion-Verzögerung: Dieser Report zeigt die Zeit zwischen erster Interaktion und Conversion.
- Pfadlängen der Conversion: Hier wird die Länge der einzelnen Pfade angezeigt.
- Modellvergleich: Hier werden alle Channels, die zur Conversion beigetragen haben, miteinander verglichen.
Neben diesen Reports gibt es noch einige Sachen, die man bei der Arbeit innerhalb “Attribution”, beachten sollte:
- Man kann in “Attribution” auch das datengetriebene Attributionsmodell wählen. Dieses gab es bisher nur für Kunden von Google Analytics 360. Nun ist es für alle verfügbar. Beim datengetriebenen Attributionsmodell setzt Google Mashine Learning ein, um herauszufinden welche Pfade gut laufen und welche nicht. Um dieses Modell zu nutzen, müssen in den letzten 28 Tagen min. 1000 Conversions durchgeführt worden sein.
- Der Direct-Traffic wird in “Attribution” nicht berücksichtigt. Ausnahme: Direct war alleiniger Kanal im Pfad.
- Benutzerdefinierte Attributionsmodelle können nicht angewendet werden.
Welche Attribution sollte ich wählen?
Grundsätzlich gibt es nicht DAS eine Attributionsmodell für das eigene Unternehmen. Je nach Ziel (in Google Analytics Zielvorhaben) können verschiedene Attributionsmodelle zum Einsatz kommen. Beispiele:
- Zahlt ein Ziel in Google Analytics primär auf Neukunden ein, dann sollte man im Attributionsmodell die Bestandskundenkanäle wie E-Mail-Marketing, etc. ausschließen. Danach könnte man mit einem linearen Modell arbeiten.
- Bei Upselling-Zielen für Bestandskunden macht z.B. Attribution in einer User-ID-Datenansicht (sofern vorhanden) Sinn, wo man nach Last-Click attribuiert.
Zusätzlich kann man sich als Orientierung folgendes merken:
- Bei Produkten, die spontan gekauft werden, kann die “letzte Interaktion” eingesetzt werden.
- Wenn der Fokus auf Google Ads liegt und man dabei auswerten möchte, welche Kampagnen am besten funktionieren, dann ist “letzter Google-Ads-Klick” das geeignete Modell.
- Bei Branding-Kampagnen kann “erste Interaktion” ein geeignetes Modell sein, da man damit dem ersten Kontaktpunkt die volle Conversion gibt.
- “Linear” sollte eingesetzt werden, wenn alle Touch Points wichtig sind. Vor allem bei komplexen Produkten, wo keine Spontankäufe zustande kommen, ist dieses Modell sinnvoll.
Möchte man im Marketing zudem nach Brand- und Non-Brand-Traffic attribuieren, macht es Sinn eine benutzerdefinierte Channel-Gruppierung zu erstellen. Dabei sollte jeder Kanal in Brand und Non-Brand unterschieden werden. SEA kann bspw. hier wie folgt unterschieden werden:
- Wenn “Brand” im Kampagnen-Namen auftaucht -> dann “Paid – Brand” in der Channel-Gruppierung definieren.
- Wenn “Brand” nicht im Kampagnen-Namen auftaucht -> dann “Paid – Non-Brand” in der Channel-Gruppierung definieren.
Auch SEO kann grob unterteilt werden. Hier nimmt man als Basis die Landingpages und die Keywords aus der Google Search Console:
- Wenn die jeweilige Landingpage laut Google Search Console tendenziell mehr Zugriffe über die Brand generiert -> dann “Organic – Brand” in der Channel-Grupperung aufnehmen.
- Wenn die jeweilige Landingpage laut Google Search Console tendenziell weniger Zugriffe über die Brand generiert -> dann “Organic – Non-Brand” in der Channel-Grupperung aufnehmen.
Attribution in Google Analytics 4
Universal Analytics ordnete den letzten Klick (bzw. Kanal) die Conversion zu. Falls der letzte bekannte Kanal “Direct” ist, dann schaut Universal Analytics innerhalb des Lookback Windows nach, ob es noch einen anderen Kanal außer Direct gab. Wie oben schon beschrieben arbeitet Universal Analytics daher mit dem Last-Non-Direct Attributionsmodell. Andere Attributionsmodelle zur Analyse und zum Vergleich können im Modellvergleichstool und Multi-Channel-Trichter-Tool angewendet werden.
Zudem waren Source und Medium in Universal Analytics im Session-Scope. In GA4 sieht das anders aus. Die Dimension “Source” oder “Medium” können 3 verschiedene Scopes haben:
- Nutzer
- Session
- Event
Bevor wir uns die verschiedenen Scopes ansehen, sollten wir zunächst die Definition einer Session in GA4 betrachten. Die wichtigsten Aspekte dabei sind:
- In GA4 beginnt eine Session, wenn der Nutzer die Website oder App öffnet und dabei keine andere Session aktiv ist
- Eine Session endet in GA4 nach standardmäßig 30 Minuten Inaktivität (kann aber geändert werden)
- Schließt der Nutzer das Fenster oder den Browser und kommt innerhalb der Session Timeout von 30 Minuten wieder zurück, dann wird keine neue Session gestartet, da diese auf Basis der Cookies wiedererkannt wird (Ausnahme ist natürlich wenn der Nutzer währenddessen seine Cookies löscht)
- Wenn während einer aktiven Session der Nutzer über eine andere Source/Medium-Kombination bzw. über einen anderen Kanal kommt, dann startet GA4 keine neue Session. Anders als in Universal Analytics bleibt die ursprüngliche Source in GA4 bestehen. Die neue Source wird von GA4 dennoch erkannt und bei den Attributionsreports mit Event-Scope berücksichtigt.
- Aufgrund des vorherigen Punktes startet damit auch kein Payment-Provider (wenn der Nutzer im Checkout-Prozess z.B. zu einem Bezahldienst zwischenzeitlich geleitet wird) eine neue Session. Dennoch ist es zu empfehlen, diese Zugriffe als “Unwanted Referrals” zu markieren, damit sie in den Attributionsreports mit Event-Scope keine direkte Beachtung finden.
- In GA4 endet eine Session nicht um Mitternacht.
Kommen wir nun zu den verschiedenen Session-Scopes.
User-Scoped Attribution
Die Dimensionen von Source, Medium und Co. mit Nutzer-Scope beschreiben die erste Quelle des Nutzers. Im Bericht “Bericht zur Nutzergewinnung” sind diese Dimensionen z.B. zu finden. Erkannbar sind sie mit dem Prefix “Erste Nutzerinteraktion”:
- Erste Nutzerinteraktion – Standard-Channelgruppierung
- Erste Nutzerinteraktion – Quelle/Medium
- Erste Nutzerinteraktion – Medium
- Erste Nutzerinteraktion – Quelle
- Etc.
Im Vergleich zu Universal Analytics ist das Konzept der Attribution im Nutzer-Scope in GA4 neu. Hintergrund des Konzepts ist, dass GA4 dadurch auch mehr Wert auf den CAC (Kosten zur Kundenakquisition) sowie auf den Lifetime Value (LTV) legt.
Wie in meinem Beitrag “Google Analytics 4: Was heißt eventbasiert?” beschrieben, reflektiert dies den Ansatz weg von der Betrachtungsweise der Sitzung und vielmehr hin zur Betrachtungsweise des Nutzers zu kommen. Aus Sicht der Analyse ist es nicht immer relevant, dass eine Sitzung keine Conversion hatte. Vielmehr sollte der Nutzer im Vordergrund stehen mit der Frage ob der Nutzer konvertiert und nicht ob die Sitzung konvertiert hat. Es könnte Nutzer geben, die viele Sitzungen verursachen, aber grundsätzlich nie konvertieren. Diese können dann die Conversion Rate stark nach unten ziehen, obwohl es auf der anderen Seite genug Nutzer gäbe, die konvertieren.
Dieser Ansatz hat seinen Ursprung in der App-Welt. Dort ging es nämlich schon immer darum, den Nutzer zuerst zu erreichen (App Download), um dann die Nutzer zum Kauf zu bringen (Conversion).
Für die Messung der Nutzer-Scoped Attribution sind die Events first_visit (Web) und first_open (App) entscheidend, die gesammelt werden, wenn der Nutzer zum ersten Mal auf die Website kommt oder die App öffnet. Am Event selbst hängt dann die Info zur Quelle, die nach dem Last-Non-Direct-Prinzip funktioniert. Diese Info bleibt dann für diesen Nutzer bestehen und verändert sich nicht mehr (sofern der Nutzer später immer wiedererkannt werden kann). Warum dabei Last-Non-Direct zum Einsatz kommt? Dazu später mehr.
Session-Scoped Attribution
Die Dimensionen von Source, Medium und Co. mit Session-Scope beschreiben die Quelle der einzelnen Session. Im Bericht “Neu generierte Zugriffe” sind diese Dimensionen z.B. zu finden. Erkannbar sind sie mit dem Prefix “Sitzung”:
- Sitzung – Standard-Channelgruppierung
- Sitzung – Quelle/Medium
- Sitzung – Medium
- Sitzung – Quelle
- Etc.
Das Attributionsmodell dabei ist ähnlich wie in Universal Analytics nach dem Last-Non-Direct-Prinzip. Wenn für die aktuelle Sitzung keine Quelle bekannt ist, schaut auch hier GA4 innerhalb des Lookback-Windows nach, ob es eine andere Quelle gab und weist der Session die letzte bekannte Quelle zu. In GA4 ist standardmäßig das Lookback-Window auf 90 Tage gesetzt (ist auch gleich das Maximum), während es bei Universal Analytics bei 6 Monaten war (konnte auf max. 24 Monate gesetzt werden).
Event-Scoped Attribution
Die Dimensionen von Source, Medium und Co. mit Event-Scope beschreiben die Quelle des jeweiligen Events. Dabei sind nicht nur Conversion-Events gemeint, sondern alle gesammelten Events in der Property. Erkannbar sind diese Dimensionen ohne Prefix:
- Standard-Channelgruppierung
- Quelle/Medium
- Medium
- Quelle
- Etc.
Welches Attributionsmodell dabei zum Einsatz kommt, hängt von den Einstellungen im GA4-Backend ab, wobei “Data-driven” als Standard vorausgewählt ist:
Hinweis
Wenn du GA4 mit Google Ads verknüpfst und GA4-Conversions in Google Ads importierst, werden die Conversions immer nach dem Last-Non-Direct-Prinzip exportiert (Stand November 2022). Dabei ist es egal, welches Attributionsmodell in GA4 eingestellt hast. Praktisch heißt das, dass nur Conversions nach Google Ads geschoben werden, wo Google Ads die letzte Interaktion war.
Attributionseinstellungen
Die Einstellungen lassen sich auch jederzeit ändern und sind dann auch wirksam für Daten in der Vergangenheit. Man sollte sich dabei nur bewusst machen, dass sich diese Änderungen nur auf benutzerdefinierte Reports auswirken, die Dimensionen mit Event-Scope benutzen. Standard-Reports wie “Bericht zur Nutzergewinnung” und “Neu generierte Zugriffe” arbeiten weiterhin nach ihrem Standard-Attributionsmodell (Last-Non-Direct bzw. in GA4 “Letzter Klick” genannt).
Bei den Attributionsmodellen in GA4 muss man zudem beachten, dass der Conversion-Wert den Direct-Zugriffen nicht zugewiesen wird, außer es gibt sonst keinen anderen Channel im Funnel. In Universal Analytics war dies nur beim Modell “Letzte Interaktion” der Fall, da hier Last-Non-Direct genutzt wird.
Beim Modell “Letzter Klick” unter “Letzter Google Ads-Klick bevorzugt” wird der Conversion-Wert immer Google Ads zugewiesen, sofern Google Ads irgendwo im Funnel ein Kanal ist. Wenn Google Ads nicht beteiligt war, arbeitet dieses Modell wie “Letzter Klick”.
Ein interessanter Aspekt bei allen Attributionsmodellen ist das YouTube-Ad-Views ebenfalls miteinbezogen werden. Sprich sogenannte Engaged-View-Conversions. Hintergrund ist, dass Nutzer eher selten sofort auf YouTube-Werbe-Abspielungen reagieren, sprich selten sieht ein Nutzer eine YouTube-Werbung, klickt sofort drauf und kauft was. Oft sieht ein Nutzer mehrere YouTube-Videos eines Advertisers und konvertiert irgendwann später. Sofern die Nutzer innerhalb des Lookback Windows eine Conversion ausführen (zu Lookback Windows gleich mehr), werden diese in GA4’s Attributionsmodellen berücksichtigt. Die Wiedergabe des Videos muss jedoch einige Bedingungen erfüllen, damit sie als “Engaged-View” gezählt und somit als Conversion miteinfließt:
- Der Nutzer muss die Anzeige min. 30 Sekunden lang angesehen haben
- Falls die Anzeige kürzer als 30 Sekunden ist, dann muss der Nutzer diese bis zum Ende abspielen
- Der Nutzer klickt auf eines der Werbeformate, die in der verlinkten Doku oben aufgelistet sind
Und damit kommen wir nun auch schon zum Lookback Window in GA4. Grundsätzlich definiert das Lookback Window wie weit ein Kanal bzw. Touchpoint in der Vergangenheit liegen darf, um noch zur Conversion berücksichtig zu werden. Das Lookback Window lässt sich in den Attributionseinstellungen in GA4 einstellen:
Wie man sehen kann beträgt das standardmäßige Lookback Window 90 Tage, kann aber auch auf 60 oder 30 Tage zurückgeschraubt werden. Zumindest gilt das für alle Events außer für first_open und first_visit. Das sind die Events, die dabei helfen, die User-Scoped Attributionsdimensionen zu bestimmen. Also sprich über welchen Kanal kam der Nutzer zum ersten Mal auf die Website oder App. Überraschenderweise arbeitet auch die User-Scoped Attribution nach dem Last-Non-Direct-Prinzip. Jetzt kann man sich natürlich fragen, wieso nach Last-Non-Direct und nicht nach “First Click” bzw. “Erste Interaktion”? Wenn beim Erstbesuch der initiale Kanal gesetzt wird (= Erste Interaktion), wieso schaut dann GA4 nochmal in die Vergangenheit mit Last-Non-Direct?
Das hat was mit Google Signals und bezahlten Kampagnen zu tun. Mit Google Signals werden die GA4-Daten mit Daten von eingeloggten Google-Nutzern kombiniert (inkl. Cross-Device). Ist ein Nutzer eingeloggt und schaut sich eine YouTube-Video-Anzeige an, kommt aber später zum ersten Mal über Direct auf die Website (Direct wäre für GA4 die erste Interaktion), dann kann GA4 mit Google Signals die Conversion immer noch YouTube zuweisen, solange die Conversion innerhalb des Lookback Windows von first_open und first_visit Events liegt. Standardmäßig sind dabei 30 Tage voreingestellt werden, es kann aber auf 7 Tage reduziert werden. Somit sollte verständlich sein, warum GA4 bei der User-Scoped Attribution ebenfalls auf Last-Non-Direct zurückgreift. Sobald also der Nutzer zum ersten Mal auf die Website über Direct kommt, versucht GA4 über Google Signals doch noch einen früheren Kanal zu identifizieren.