Der Begriff “Migration” ist vielseitig. Aus Sicht der Informationstechnik bezeichnet dieser Begriff laut Wikipedia “die Umstellung insgesamt als auch jeden darin eingeordneten Anpassungsprozess einzelner Bestandteile des Systems”. Aus Website-Sicht kann in verschiedene Arten von Umstellungen bzw. Umzügen unterteilt werden. John Müller erklärte auf der SMX München in 2016, dass es 6 verschiedene Arten von Website-Migrationen gibt:
- Redesign (Neugestaltung)
- Restructure (Umstrukturierung)
- Secure (Sicherung)
- Move (Umzug)
- Move and Restructure (Verschieben und Umstrukturieren)
- Merge (Zusammenführen)
- Split (Aufteilen)
Arten der Website-Migration erklärt
Findet ein Redesign statt, hat man es mit einer neuen optischen Gestaltung zu tun. Protokoll, URL-Struktur und die technische Basis ändern sich nicht. Inhalte könnten neu angeordnet werden. CSS- und JavaScript-Anpassungen haben Auswirkungen auf den Pagespeed. Die Nutzerführung und somit die Nutzersignale können sich auch ändern. Aus diesem Grund sind Ranking-Änderungen wahrscheinlich. Eine SEO-Begleitung ist Pflicht.
Beim “Restructure” ändern sich die Seiten- und URL-Struktur. Die Inhalte ändern sich meist mit. Bzw. werden im Zuge der Umstrukturierung auch gerne Inhalte gelöscht, zusammengefügt oder umgeschrieben. Aus diesem Grund sind Ranking-Veränderungen fix zu erwarten. Ein Content-Audit inkl. SEO-Begleitung sollte hier stattfinden.
Bei “Secure” ändert sich nur das Protokoll. Aus HTTP wird HTTPS. Ranking-Änderungen sind eher unwahrscheinlich, wenn man es sauber durchführt. Auch wenn SSL ein Ranking-Faktor ist, so kann man hier keinen großen Ranking-Push nach oben erwarten, da die meisten Wettbewerber-Domains ebenfalls schon auf SSL sind. Eine SEO-Begleitung ist wichtig, damit Redirects nicht vergessen werden.
Mit “Move”, also Umzug, können mehrere Aspekte gemeint sein. Es kann auf ein neues CMS, auf einen neuen Server oder eine neue Domain umgezogen werden. Die Umstellung von HTTP auf HTTPS kann auch ein Umzug sein. Ein Umzug kann spürbare Auswirkungen auf die Rankings haben. Ändert sich bspw. das CMS, können vielleicht bestimmte SEO-Technik-Mechanismen nicht mehr greifen, weshalb man hier eine intensive SEO-Begleitung braucht. Bei einem Domain-Umzug sollte man dies Google über die Search Console mitteilen. Beim Umzug ändern sich URL-Pfade und Inhalte in der Regel nicht.
Bei “Move and Restructure” findet ein Umzug und eine Umstrukturierung gleichzeitig statt. Neben den eben genannten Umzugsthemen ändert sich also auch die Seiten- und URL-Struktur und ggf. die Inhalte. Ranking-Änderungen sind zu erwarten.
Bei der Zusammenführung wird aus min. 2 Domains nur noch Eine. Die neue Strukturierung der Inhalte ist hier besonders wichtig. Aus SEO-Sicht kommt es hier zu starken Veränderungen.
Der Split ist das Gegenteil von Zusammenführung. Hier werden aus einer Domain mehrere Domains gemacht. Auch dies hat erhebliche Auswirkungen auf das Ranking.
Website-Migrationen und SEO
Aus SEO-Sicht haben Website-Änderungen jeglicher Art Chancen und Risiken. So kann man die Gelegenheit nutzen, um die Website technisch auf den aktuellen Stand zu bringen. Dies kann sich positiv auf viele Aspekte auswirken. Zudem können in diesem Zuge Inhalte umgestaltet und optimiert werden. Auch kann mehr auf die Nutzerbedürfnisse eingegangen werden. Auf der anderen Seite kann es durch Fehler zu Traffic-Verlusten kommen. Auch werden immer wieder Inhalte im Zuge einer Umstrukturierung gelöscht, die aber gut funktioniert haben. 2 SEO-Themen sind besonders wichtig:
- Zu viele Änderungen auf einmal: Ändern sich auf einen Schlag zu viele Themen und Bereiche oder werden gleichzeitig mehrere Arten der Website-Migration (z.B. Merge + Secure + Redesign) durchgeführt, ist das eine Herausforderung für Suchmaschinen. Die Änderungen müssen zunächst verarbeitet werden. Je umfangreicher die Änderungen, desto komplexer und fehleranfälliger die Verarbeitung. Geht dann etwas schief, weiß man zudem nicht an was es konkret liegt. Daher lautet die Empfehlung eins nach dem anderen durchzuführen. Zunächst ändert man die Seitenstruktur. Dann führt man SSL ein. Danach gibt es einen neuen Domainnamen, etc. So muss die Suchmaschine nicht alles auf einmal verarbeiten.
- Vorbelastete Domains: Soll ein Umzug auf eine neue Domain erfolgen, sollte man aus SEO-Sicht die neue (zugekaufte) Domain genau unter die Lupe nehmen. Ist die Domain aufgrund Spam-Aktivitäten aus der Vergangenheit vorbelastet (“Abstrafungen”), wird man vermutlich nie die gewünschte SEO-Power mehr erreichen. Vor allem beim Kauf von Domains sollte man vorsichtig sein und diese nicht nur aufgrund des Backlink-Profils kaufen (Qualität vor Quantität).
Ist eine Website-Migration vollzogen lautet die Hauptfrage wie lange es dauert, bis man aus SEO-Sicht (negative oder positive) Auswirkungen zu spüren bekommt? Eine fixe Zeitspanne kann man leider nicht nennen, da dies von der Art und dem Umfang der Website-Migration abhängt. Jedoch: Es hat sich mittlerweile eingebürgert, dass Google ca. 3 Monate braucht, um umfangreiche Änderungen – wie sie bei einem kompletten Relaunch auftreten – zu verarbeiten. Diese 3 Monate kann man also als grobe Faustregel heranziehen.
Ziel aus SEO-Sicht ist es immer besser zu werden als wie vorher. Oder das zumindest die SEO-Performance beibehalten wird. Dabei ist es wichtig, dass die positiven Signale mitübertragen werden. Es gibt Signale wie Redirects, die dazu führen, dass einige Signale sofort übertragen werden können. Auf der anderen Seite existieren auch Signale, die etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen. Deshalb sollte man ca. 3 Monate warten, bevor man voreilige Schlüsse zieht.
Ansonsten sollte man bei Website-Migrationen folgendes im Hinterkopf behalten:
- Beim Mergen zweier Domains bleibt die nicht mehr genutzte Domain noch eine Zeit lang im Index. Diese Zeitspanne ist länger als bei Domain-Umzügen (also wenn sich nur der Domainname ändert). Beim reinen Domain-Wechsel muss Google “nur” den neuen Domainnamen verarbeiten, nicht aber eine komplett neue URL-Struktur. Deshalb findet der Prozess hier schneller statt. Beim Mergen müssen zunächst die Redirects verarbeitet werden, um im Anschluss die Beziehungen einzelner Seiten zueinander zu bewerten.
- Das Tauschen eines Themes (z.B. bei WordPress) wird als Rebrush eingestuft und nimmt ebenfalls 1-3 Monate in Anspruch, um vom Bot komplett verarbeitet zu werden.
- Ein reiner Domain-Wechsel ohne das sich weitere Aspekte wie CMS, Server, etc. ändern, kann Google mittlerweile nach ein paar Tagen komplett neu verarbeiten (Quelle).
- Wenn es zu einem Serverwechsel kommt, dann ist zwar viel Vorbereitung notwendig und es gibt einiges zu tun, für den Google-Bot jedoch ist ein reiner Serverwechsel ereignislos. Voraussetzung: Sonst ändert sich nichts. Es gibt aber eine einzige Ausnahme: Crawling. Es kann vorkommen, dass sich die Crawling-Häufigkeit kurzzeitig ändert. Stellt der Bot fest, dass ein Serverwechsel stattgefunden hat, wird das Crawling zunächst zurückgedrosselt. Danach prüft der Crawler, ob der Server mit der ursprünglichen Crawling-Häufigkeit zurechtkommt. Im Anschluss erhöht sich die Crawling-Geschwindigkeit bis zu einem für den Server angemessenen Stand. So stellt der Bot sicher, dass der neue Server nicht überlastet wird.
- Wenn sich bei einem Domain-Wechsel auch die Website ändert (also die Inhalte und Themen), dann kann es sein, dass Google die Redirects nicht berücksichtigt. Grund: Bei einer komplett neuen Website wird etwas neues geschaffen, was der Bot neu verarbeiten und bewerten muss. Gleiche oder ähnliche Sichtbarkeitswerte wie bei der alten Website müssen in so einem Fall nicht immer mitübertragen werden (Quelle).
- Damit ein Domain-Wechsel zügig voran geht, sollte die komplette Domain umgezogen werden. Werden nur Teile davon umgezogen (z.B. nur einzelne Verzeichnisse), dann dauert der Prozess länger. Google muss dann verstehen, ob es sich um eine komplette oder teilweise Migration handelt. Letzteres wäre nur ein Domain-Splitting. Mehr dazu in einem Webmaster-Hangout.
- Bei größeren Änderungen an der Website (z.B. kompletter Relaunch) crawlt Google die wichtigsten Seiten zuerst und versucht diese zu verarbeiten. Weniger wichtige Seiten können dadurch erst nach ein paar Monaten verarbeitet werden. Neben der Relevanz der Seiten, gehört auch die Serverkapazität zu den Faktoren, die entscheiden, wie schnell die Änderungen verarbeitet werden.
SEO-Empfehlung bei einer Migration
Das wichtigste bei einer Migration ist zunächst eine gute Planung, aus der sich alles weitere ableiten lässt. Als SEO sollte man eng mit Projektleitern und anderen Gewerken zusammenarbeiten.
- Bei der Projektplanung sollte man zusammen mit dem Projektleiter definieren, wann und wie SEO an Bord geholt werden muss. Hier sollte man als SEO eine SEO-Checkliste parat haben, um zu zeigen, was alles ansteht.
- Wenn es in die Konzeptionsphase geht, dann sollte hier eine enge Abstimmung mit UX und Design stattfinden.
- In der Umsetzungsphase sollte man mit der Entwicklung zusammenarbeiten.
- Vor dem Live-Gang sollten nochmal alle wichtigen SEO-Parameter geprüft werden.
- Nach dem Live-Gang geht es weiter mit SEO-Checks und -Monitoring.
Ob alle Schritte durchlaufen werden müssen, hängt auch stark davon ab mit welcher Art der Website-Migration man es zu tun hat. Dies ist auch ausschlaggebend, welche SEO-Maßnahmen ergriffen werden müssen. Bei einem reinen Redesign müssen bspw. keine Redirects angelegt werden. Hier macht es Sinn je nach Art der Website-Migration eigene Checklisten zu erstellen.
- Redesign (Neugestaltung)
- Restructure (Umstrukturierung)
- Secure (Sicherung)
- Move (Umzug)
- Move and Restructure (Verschieben und Umstrukturieren)
- Merge (Zusammenführen)
- Split (Aufteilen)